Favorit stolpert bei Underdog

Die Vorzeichen der Partie waren klar: Auf der einen Seite Landesliga-Aufsteiger Kuchen-Gingen-Süßen Handball (KuGiS), auswärts bislang ohne Fortune, zu Hause aber eine Macht mit zwei Siegen aus zwei Spielen. Und auf der anderen Seite die HSG Ebersbach/Bünzwangen, die überall kann und die bislang in sechs Spielen erst drei Punkte hergegeben hat. Oder anders formuliert: Siebter gegen Dritter, David gegen Goliath – und nach 60 Minuten lachender Underdog gegen geknickten Favoriten, KuGiS ging mit 25:24 über die Ziellinie. „Eine unglaubliche Leistung meiner Mannschaft“, wie KuGiS-Coach Steffen Schäfer kurz und knapp konstatierte – mehr ging nicht, weil ihm vor lauter herausgebrüllter Freude die Stimme den Dienst versagte.

Vor mehr als 200 Zuschauern entwickelte sich in der Kuchener Ankenhalle schnell eine lebhafte Partie, wobei die Gastgeber erneut ohne ihre Brechstange am Kreis, Paul Dubrowitsch, antreten mussten, er plagt sich nach wie vor mit Knieproblemen herum. Der Rest der KuGiS-Truppe war trotzdem bis in die Haarspitzen motiviert, auch wenn die Gäste den Torreigen in der 2. Minute eröffneten. Beide Kontrahenten schenkten sich nichts, KuGiS legte bis zur 7. Minute durch Nick Scibik, Marco Haas und Tim Schäffner auf 3:1 vor, die Gäste mit ihrer offensiven 3-2-1-Deckung blieben davon unbeeindruckt, provozierten Ballverluste, um Tempogegenstöße zu laufen – das Mittel der Wahl, weil KuGiS aus dem Positionsangriff kaum etwas zuließ. Zudem war Keeper Daniel Kautzmann eine Bank, machte einige Chancen der HSG zunichte.

Ebersbachs Timo Weiland stellte in der 10. Minute die ganze Geschichte beim 4:4 wieder auf Null, danach ging’s relativ im Gleichklang weiter, wobei nun die Gäste vorlegten und KuGiS antwortete. Nach einer Zeitstrafe gegen Haas in der 19. Minute, beim Stand von 7:8, bekam die HSG etwas Oberwasser. Die zwei Minuten gingen mit nur einem Gegentreffer recht glimpflich vorüber. Im Anschluss aber ließ Marc Becker einen Strafwurf liegen, Ebersbach zog bis zur 24. Minute auf 10:7 weg. Ein Vorsprung, von dem die HSG bis zur Pause zehren sollte, denn KuGiS steckte in dieser umkämpften Partie nicht auf, Becker mit dem 12:14 eine halbe Minute vor der Pausensirene hielt die Tür offen.

Nach Wiederbeginn ging es mit derselben Schlagzahl weiter. Die Gäste immer zwei, drei Tore vorn, ohne die Gastgeber abhängen zu können, KuGiS im selben Tempo auf der anderen Spur, ohne aber vorbeizukommen. Wobei die Begegnung nun zusehends zerfahrener wurde, vieles nun auf Einzelaktionen basierte. Zwei Zeitstrafen gegen die Gäste brachten KuGiS, das inzwischen selbst auf eine offensive Deckung umgestellt hatte und schnelle Abschlüsse suchte, zumindest wieder ganz eng ran, 16:17 in der 43. Minute durch Becker. Wobei sich KuGiS in der Folge den fatalen Luxus leistete, in der Offensive zu viele einfache Fehler zu begehen – was es Ebersbach wiederum ungewollt einfach machte, die knappe Führung zu halten, die in der 46. Minute nach einem Strafwurftreffer von Schäffner erneut auf ein Tor geschrumpft war.

Doch der Druck der Gastgeber zeigte Wirkung, Ebersbach bekam Nervenflattern – und dazu noch eine Zeitstrafe, was erneut Schäffner per Siebenmeter gnadenlos zum 20:20 nutzte, 50 Minuten waren da gespielt. Als Andre Grupp das 21:20 (52.) vorlegte, roch es schon ein wenig nach doppeltem Punktgewinn. Zumal Raphael Nuding, inzwischen im KuGiS-Gehäuse, immer wieder mit Paraden glänzte und so wesentlichen Anteil am Lauf der Gastgeber hatte.

Dann, in der Crunchtime, wurde die Geschichte zum echten Krimi. Becker hätte per Strafwurf schon den ersten Sargnagel bei Ebersbach zum 23:21 einschlagen können (54.), vergab aber. Stattdessen glich die HSG durch Moritz Kälberer zum 22:22 aus (55.). KuGiS mobilisierte nochmal alle Kräfte, gab Gas, Marvin Freichel traf 70 Sekunden vor Schluss zum 24:23 für die Hausherren, die dann nur eine halbe Minute drauf in Unterzahl den neuerlichen Ausgleich kassierten. Schäfer rief nun zur Auszeit, um sein Team noch einmal für den Showdown einzunorden. Haas hatte dabei besonders genau auf die Kompass-Nadel geschaut, den die zeigte bei im in Richtung Kreuzeck, in das er den Ball quasi mit Schlusssirene nagelte. 25:24 – Jubel bei KuGiS und Fans, hängende Köpfe beim Gegner, der sich der Moral des Underdogs am Ende hatte beugen müssen.

KuGiS:  Kautzmann, Nuding, Bühler – Schäffner (5/3), Putz (1), Bausch (1), Grupp (2), Haas (3), Freichel (4), Scibik (2), Möbus, Becker (7/3), Steck, Zasada.